Trump und Epstein: Demokraten veröffentlichen mutmaßliche Geburtstagsnotiz von vor 22 Jahren

Trump und Epstein: Demokraten veröffentlichen mutmaßliche Geburtstagsnotiz von vor 22 Jahren
10 September 2025 0 Kommentare Theo Meier

22 Jahre alt, ein Strichmännchen und eine Signatur: Eine von den Demokraten im House Oversight Committee veröffentlichte Seite aus einem sogenannten Geburtstagsbuch von Jeffrey Epstein sorgt in Washington für Lärm. Die Abgeordneten legten eine Abbildung vor, die eine Zeichnung und eine Unterschrift zeigen soll, die laut ihrer Darstellung von Donald Trump stammt. Es ist die erste öffentliche Sichtung des Dokuments seit den ursprünglichen Hinweisen in der Berichterstattung des Wall Street Journal. Die Echtheit ist umstritten – und genau das befeuert den politischen Streit.

Was jetzt bekannt ist

Das Stück Papier stammt aus einem Geburtstagsbuch, das laut Ausschussunterlagen vom Nachlass Epsteins auf eine Subpoena hin an das House Oversight Committee übergeben wurde. In dem Buch sollen sich Glückwünsche, Kritzeleien und Signaturen aus Epsteins Umfeld sammeln. Die nun veröffentlichte Seite zeigt eine einfache, skizzenhafte Zeichnung und eine Signatur, die nur aus einem Vornamen bestehen soll – nicht aus dem vollen Namen, wie er auf offiziellen Dokumenten üblich ist.

Das Weiße Haus weist die Darstellung zurück. Pressesprecherin Caroline Lev erklärte, es sei „sehr klar, dass Präsident Trump diese Zeichnung nicht angefertigt und die Seite nicht unterschrieben hat“. Aus Trumps Lager heißt es zudem, die angebliche Unterschrift wirke unglaubwürdig, Unterstützer verweisen auf aus ihrer Sicht sichtbare Unstimmigkeiten in der Handschrift. Für Trump steht mehr auf dem Spiel als nur Stilfragen: Die Notiz knüpft an die lang diskutierte Frage an, wie eng seine Bekanntschaft zu Epstein in den 1990er- und 2000er-Jahren tatsächlich war.

Auf der anderen Seite berufen sich Redaktionen auf Fachleute. Das Wall Street Journal und die New York Times ließen nach eigenen Angaben Handschriftenexperten Vergleichsproben aus Trumps Briefen der 1990er- und 2000er-Jahre prüfen. Das Ergebnis: Stil und Schwünge passten, heißt es dort. Das ist kein endgültiger Echtheitsbeweis, erhöht aber die Plausibilität – solange nicht forensische Prüfungen von Papier, Tinte und Druck vorliegen, bleibt es ein Indiz, kein Beweis.

Rechtlich hat der Fall bereits Konsequenzen. Trump reagierte auf die Erstberichte mit einer massiven Gegenoffensive und reichte eine Verleumdungsklage gegen das Wall Street Journal ein – gefordert werden mindestens 20 Milliarden Dollar Schadensersatz. Für einen Kläger, der als öffentliche Person gilt, ist die Hürde in den USA hoch: Vor Gericht geht es um die Frage, ob Medien „mit tatsächlicher Böswilligkeit“ veröffentlichten, also wider besseres Wissen oder mit grober Fahrlässigkeit. Die Klage zeigt, wie ernst Trumps Team die Angelegenheit nimmt.

Die Herkunft des Dokuments ist inzwischen klarer: Der Nachlass Epsteins übergab es dem Kongress auf Anforderung. Die Seite tauchte in einem größeren Paket von Unterlagen auf, das der Ausschuss am Montag sichtete und in Teilen veröffentlichte. Die Demokraten sprechen von Transparenz; die Republikaner sehen eine Kampagne. Vizepräsident Vance griff die Demokraten frontal an: Sie kümmerten sich nicht um Epstein oder seine Opfer, sondern wollten „nur einen weiteren Fake-Skandal stricken“ – so seine Worte.

Die politische Temperatur ist hoch, weil Epsteins Name jede Diskussion auflädt. Epstein, der 2008 in Florida wegen Sexualdelikten verurteilt wurde und 2019 nach seiner erneuten Festnahme in Untersuchungshaft starb, bewegte sich über Jahre in Kreisen aus Politik, Finanzwelt und Kultur. Fotos, Gästelisten, Flugprotokolle – alles wird seither wie mit der Lupe betrachtet. Dass jetzt ein mutmaßlicher Geburtstagsgruß ausgerechnet mit Trumps Signatur auftaucht, ist in diesem Umfeld mehr als ein Randdetail.

Wichtig ist dabei, was das Dokument leisten kann – und was nicht. Eine Notiz in einem Geburtstagsbuch beweist keine Straftat. Sie belegt, falls echt, eine Form von sozialem Kontakt. Genau diese Trennlinie verschwimmt in der öffentlichen Debatte: Für Gegner ist das Papier ein Symbol, für Anhänger ein roter Lappen. Und für Ermittler? Ein möglicher, überprüfbarer Baustein, nicht mehr und nicht weniger.

Der Streit wird also eher technischer: Authentizität ist eine Frage von Methoden. Papierfaseranalyse kann das Produktionsjahr von Blättern eingrenzen. Tintenchemie zeigt, welche Zusammensetzung verwendet wurde und ob sie in einen Zeitrahmen passt. Indentations- und Druckspurenanalysen machen sichtbar, ob auf benachbarten Seiten gleichzeitig geschrieben wurde. Solche Verfahren sind Standard, wenn politische oder historische Dokumente umkämpft sind. Ob und wann der Ausschuss oder ein Gericht solche Prüfungen anordnet, ist offen.

Auch der Ton in den Medien verschärft sich. Der Washington-Büroleiter von Breitbart, Matthew Boyle, erklärte in einem Post, Kritiker hätten sich in den letzten Monaten „völlig geirrt“ – und fragte, ob das Konsequenzen habe. Diese Linie trifft den Nerv vieler Trump-Unterstützer, die den Zeitpunkt der Veröffentlichung als gezielte Beschädigung werten. Demokratische Abgeordnete halten dagegen: Ohne Druck des Kongresses wären viele Epstein-Dokumente nie ans Licht gekommen.

Fragen, Belege, nächste Schritte

Was ist als Nächstes zu erwarten? Im Kongress dürfte es um Verfahrenstreue gehen: Wer hat das Dokument wann aus dem Nachlass entnommen, wer hat es kopiert, wer hat es gesichert? Ausschüsse laden in solchen Fällen regelmäßig Verwalter von Nachlässen, Archivarinnen, forensische Expertinnen und auch Journalisten, die früh Zugang hatten. Ziel: Eine lückenlose Kette vom Fund bis zur Veröffentlichung, die Manipulationen unwahrscheinlich macht.

Parallel läuft die juristische Spur. Im Zivilverfahren gegen das Wall Street Journal kommt es darauf an, welche Quellen die Redaktion hatte, wie sie den Abgleich der Handschrift dokumentierte und welche Einordnungen sie den Lesern gab. Medienprozesse in den USA drehen sich selten um eine einzelne Zeile, sondern um den Kontext: Wurde sauber zwischen Behauptung und Zweifel unterschieden? Wurden zentrale Gegenargumente abgebildet? Je detaillierter diese Punkte dokumentiert sind, desto stabiler die Verteidigung.

Politisch stellt sich die Frage: Was ändert eine authentische oder nicht authentische Notiz? Für die eine Seite wäre eine Bestätigung ein weiterer Beleg für frühere Nähe. Für die andere Seite wäre eine Widerlegung Munition gegen Medien und Gegner. In beiden Fällen ist der Fall Epstein der Brennspiegel, in dem sich die derzeitige Polarisierung bricht.

Der Blick in die Vergangenheit hilft beim Einordnen. Trumps und Epsteins Wege kreuzten sich in den 1990er-Jahren in New York und Palm Beach – Fotoaufnahmen aus dieser Zeit sind dokumentiert, später distanzierte sich Trump öffentlich. Genau diese Ambivalenz ist der Grund, warum neue Fundstücke, selbst wenn sie klein wirken, so geladen sind: Sie werden zum Stellvertreter für die größere Debatte über Macht, Nähe und Verantwortung.

Aus Sicht der Forensik und der Parlamentsarbeit sind diese Punkte offen:

  • Wer führte das Geburtstagsbuch, und wie wurden Beiträge gesammelt?
  • Wann und unter welchen Umständen wurde die strittige Seite signiert – bei einer Party, privat, nachträglich?
  • Wer fertigte die Zeichnung an, und gibt es unabhängige Zeugen dafür?
  • Welche Vergleichsproben aus demselben Zeitraum liegen vor – sowohl von Trumps Handschrift als auch von anderen Unterzeichnern?
  • Welche Spuren liefern Papier, Tinte, Druck- und Indentationsmuster zur zeitlichen Einordnung?

Die Antworten darauf entscheiden über die Beweiskraft des Blatts weit mehr als politische Statements. Sie bestimmen auch, ob das Dokument in einem möglichen Beweisgefüge Bestand hätte – sei es im Rahmen der Kongressarbeit oder in einem Zivilprozess, in dem Redaktionen ihre Recherchewege offenlegen müssen.

Bis dahin bleibt es bei zwei Wahrheiten, die nebeneinanderstehen: Ein Ausschuss zeigt, was ihm übergeben wurde, und verspricht Aufklärung. Das Weiße Haus bestreitet die Echtheit und fordert, die Debatte nicht mit Symbolen, sondern mit Fakten zu führen. Dazwischen bewegen sich Medien, Experten und ein Publikum, das seit Jahren mit dem Namen Epstein ringt. Der nächste Schub an Unterlagen aus dem Nachlass ist angekündigt – und mit ihm die nächste Runde in einem Streit, der weit über ein einziges Blatt Papier hinausreicht.